Ein Werkstoffingenieur beschäftigt sich mit der Entwicklung, Auswahl und Optimierung von Materialien für spezifische Anwendungen und Technologien. Dies beinhaltet die Untersuchung von Materialeigenschaften, die Verbesserung von Herstellungsprozessen und die Gewährleistung von Produktqualität und Nachhaltigkeit. In diesem Erfahrungsbericht erfährst du alles zu Berufsbild eines Werkstoffingenieurs aus erster Hand von einem Abteilungsleiter in der Werkstoffentwicklung.
Inhalt
„Höher, schneller, weiter!“ ist das Motivationsziel in der Leichtathletik. Ingenieure* in der Werkstoffentwicklung handeln nach dem Motto: Haltbarer, günstiger, praktischer!
Viele Innovationen gehen mit neuen Werkstoffen einher, die speziell für diesen neuen Zweck entwickelt wurden oder bereits bekannten Werkstoffen, die hinsichtlich bestimmter Eigenschaften verbessert wurden. Produktionsverfahren werden so umweltschonender, Laptops leichter, Windräder haltbarer und Hauswände verschmutzungsresistenter.
Ingenieure* der Werkstoffentwicklung forschen an neuen Werkstoffen, erproben ihre Einsatzmöglichkeiten und verbessern bereits verwendete Werkstoffe hinsichtlich der spezifischen Eigenschaften, die dem fertigen Produkt einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Ziele sind Qualitätsverbesserung und Kostenreduzierung. Die Wettbewerbsvorteile können etwa Kostensenkung, bessere Haltbarkeit, Kratzfestigkeit, antibakterielle Eigenschaften, Hitzebeständigkeit, Verschmutzungsresistenz, weniger Gewicht, Ressourcenschonung, Schutz vor Oxidation oder neue, erweiterte Einsatzmöglichkeiten sein. Mithilfe ihrer Fachkenntnisse testen Ingenieure* in der Werkstoffentwicklung neue Werkstoffzusammensetzungen und analysieren ihre Eigenschaften, um sie in einzelnen Punkten weiter zu verbessern. Bei der Entwicklung testet man die verschiedensten Einflussfaktoren auf die Produkteigenschaften.
brutto pro Jahr
Das Durchschnittsgehalt als Werkstoffingenieur beträgt 54.783 €. Die Gehaltsspanne in diesem Berufsfeld reicht von 52.762 € bis 61.937 € .
Abhängig von Branche und Werkstoff kommen unterschiedliche Prüfverfahren infrage. Der Ingenieur* setzt vielseitige Techniken und Geräte für diese Prüfverfahren ein. Je mehr man diese Techniken im Studium erlernt hat, das heißt umso besser die Spezialisierung zu den entwickelnden Werkstoffen passt, desto besser sind die Einstiegschancen. Idealerweise waren diese Techniken oder Werkstoffe Teil der praktischen Abschlussarbeit oder in Praktika während des Studiums.
Hier können Sie mit Weitsicht punkten. Wenn Sie schon früh im Studium wissen, in welcher Branche Sie später tätig sein oder mit welchen Materialien bzw. Verfahren/ Methoden Sie arbeiten möchten, dann richten Sie Ihre Studienschwerpunkte bzw. das Thema Ihrer Abschlussarbeit darauf aus. In der Oberflächentechnik kann beispielsweise der Umgang mit spektroskopischen Verfahren, elektrochemischen Prüfmethoden oder der Umgang mit Rasterelektronenmikroskopen wichtig sein.
Neben der Produktoptimierung ist auch die Prozessoptimierung ein möglicher Arbeitsbereich für Ingenieure* der Werkstoffentwicklung. Hier werden Möglichkeiten erforscht, Werkstoffe oder Produkte materialeffizienter zu machen und mit weniger Aufwand herzustellen. Die Forschungsergebnisse und Fortschritte werden dokumentiert und so aufbereitet, dass sie an Vorgesetzte, z. B. den Leiter* der Forschung und Entwicklungsabteilung oder die Geschäftsleitung, berichtet werden können. Wer also Ergebnisse gut zusammenfassen und transparent präsentieren kann, hat hier Vorteile, da die Teams meist interdisziplinär agieren.
In der Werkstoffentwicklung und -technik bildet man die Schnittstelle zwischen den Unternehmensbereichen Forschung & Entwicklung und Produktion. Wenn der maßgeschneiderte Werkstoff zunächst im Labormaßstab entwickelt worden ist, ist es am Ingenieur*, eng mit der Produktion zusammenzuarbeiten, um eine Serienfertigung zu ermöglichen. Er gibt unter anderem Daten wie die Fertigungsparameter an die Produktion weiter.
Wenn Werkstoffe als Auftragsarbeiten für auswärtige Betriebe gefertigt werden, kann auch die Kundenbetreuung oder -beratung in das Aufgabengebiet des Ingenieurs* fallen.
Zukünftige Arbeitgeber können Forschungsinstitute, Universitäten oder die Industrie sein. Freude an Teamarbeit und die Fähigkeit präzise zu arbeiten sollten selbstverständlich sein. Aktuell sind etwa die Nanotechnologie oder sogenannte Smart Materials große Forschungsthemen in der Werkstoffentwicklung.
Studiengänge wie Werkstofftechnik oder Materialwissenschaft sind der direkte Einstieg in dieses Berufsfeld. Mit entsprechender Spezialisierung können auch Studiengänge der Chemie, Nanotechnologie oder Verfahrenstechnik gute Grundlagen für den Einstieg in der Werkstoffentwicklung sein.
Die Perspektiven in der Werkstoffentwicklung sind vielfältig. Innovative Werkstoffe können helfen, die Umweltbelastung zu verringern, sowie Produkte haltbarer und stabiler zu machen. Werkstoffentwicklungen sind wichtig für die Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen auf dem internationalen Markt.
Je nachdem, auf welche Materialien man sich spezialisiert, kann man an Zukunftstechnologien mitarbeiten oder im Automotivebereich zur Sicherheit im Rennsport und im Straßenverkehr beitragen. Werden die Werkstoffe in der Medizintechnik eingesetzt, kann man den medizinischen Fortschritt vorantreiben.
Dass ich mich für die Werkstoffwissenschaft entscheide, war keineswegs von Anfang an klar. Die sehr gute Betreuungssituation sowie der Hauch des Besonderen bei den Hüttenleuten gaben schließlich den Ausschlag für ein Studium der Metallurgie und Werkstofftechnik an der RWTH Aachen. Die Vielfalt der Welt der Werkstoffe hat mich beeindruckt.
Nach meiner Promotion 2006 am Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf auf dem Gebiet der intermetallischen Eisenaluminide, wurde ich Mitarbeiter der Salzgitter Mannesmann Forschung in Duisburg. Seit 2009 bin ich als Abteilungsleiter verantwortlich für die Werkstoffentwicklung Rohr, Profil und Grobblech.
Wo gibt es aktuell die meisten Werkstoffingenieur Jobs?
Mein Team arbeitet ständig an einer Vielzahl von Entwicklungs- und Optimierungsprojekten sowie an der Analyse von Schadensfällen. Nach wie vor fasziniert mich, dass die Metallkunde in allen Bereichen unserer sehr anwendungsnahen Arbeit von entscheidender Bedeutung ist. Direkter Kundenkontakt, eine spannende Führungsaufgabe, der Einsatz moderner Methoden der Charakterisierung und der Werkstoffmodellierung prägen heute meinen Arbeitsalltag als Ingenieur der Werkstoffentwicklung und machen ihn jeden Tag spannend und abwechslungsreich.
Dr.-Ing. Joachim Konrad