Ratgeber Humanmedizin Mediziner* in Forschung & Industrie – Perspektiven und Tätigkeiten
Naturwissenschaftlerin untersucht Flüssigkeit in Erlenmeyerkolben

Mediziner* in Forschung & Industrie – Perspektiven und Tätigkeiten

Dr. Eva Birkmann, MBA
Dr. Eva Birkmann, MBA
Lesedauer: 6 Min.
Aktualisiert am: 02.10.2024

Mediziner in Forschung und Entwicklung spielen eine zentrale Rolle in der medizinischen Wissenschaft und im Gesundheitswesen. Sie widmen sich der Entdeckung neuer Erkenntnisse über Krankheiten, der Entwicklung innovativer Therapien und der Verbesserung bestehender Behandlungsmethoden. Ihre Arbeit ist essentiell, um die Effizienz, Sicherheit und Verfügbarkeit medizinischer Lösungen zu erhöhen. Mediziner in diesem Bereich arbeiten oft interdisziplinär und sind an der Schnittstelle zwischen klinischer Praxis und Laborforschung tätig.

Der Ar­beits­markt für Mediziner* in Deutsch­land bie­tet mo­men­tan sehr gute Per­spek­ti­ven, denn sie sind sehr ge­fragt – in Arzt­pra­xen, in Kli­ni­ken, in For­schungs­in­sti­tu­tio­nen, aber auch in der In­dus­trie.

Wer nun nach sei­nem Me­di­zin­stu­di­um sei­nen Ar­beits­all­tag nicht nur zwi­schen Ope­ra­ti­ons­saal und Sta­ti­on oder in einer Arzt­pra­xis statt­fin­den las­sen möch­te, für den ist das Be­rufs­bild des Me­di­zi­ners* in der For­schung eine durchaus in­ter­es­san­te Al­ter­na­ti­ve. Hier hast du nämlich viel­fäl­ti­ge Mög­lich­kei­ten, deinem For­scher­drang nach­zu­ge­hen. Zum einen kannst du als Voll­zeit­for­scher* im universitären oder in­dus­tri­el­len Be­reich ar­bei­ten. Zum an­de­ren haben Sie die Mög­lich­keit, in Uni­ver­si­täts­kli­ni­ken einen Teil Ihrer Ar­beits­zeit zu for­schen und wei­ter­hin Ihren Auf­ga­ben als Arzt* nach­zu­ge­hen. Somit muss der Ein­stieg in die For­schung nicht unbedingt den Aus­stieg aus dem Pa­ti­en­ten­kon­takt be­deu­ten.

Grund­la­gen­for­schung

Ge­ra­de in der me­di­zi­ni­schen Grund­la­gen­for­schung ar­bei­ten viele Na­tur­wis­sen­schaft­ler* und In­ge­nieu­re*. Als Bin­de­glied zwi­schen Pa­ti­ent* und For­schung wer­den somit mehr und mehr Me­di­zi­ner* auch für die Grund­la­gen­for­schung ge­sucht. Daher wer­den der­zeit Me­di­zi­ner* hän­de­rin­gend für die For­schung ge­sucht, um Ent­wick­lun­gen aus Sicht des Me­di­zi­ners* vor­an­zu­trei­ben und sein me­di­zi­ni­sches Wis­sen in die Grund­la­gen­for­schung ein­zu­brin­gen.

Brücke zwi­schen For­schung und An­wen­dung als Mediziner* in der Forschung

Als Me­di­zi­ner* in der For­schung kannst du den Vor­teil nut­zen, deine Er­fah­run­gen mit Pa­ti­en­ten* und Krank­heits­bil­dern in deine kli­ni­schen For­schun­gen ein­zu­brin­gen. Zusätzlich kann in die­sem Fall dein Kli­nik­all­tag deine For­schung un­ter­stützen und be­rei­chern. Darüber hinaus werden in der kli­ni­schen For­schung me­di­zi­ni­sche Stu­di­en ge­plant, durch­ge­führt und aus­ge­wer­tet.

Ziel sol­cher Stu­di­en kann die Einführung neuer Me­di­ka­men­te, The­ra­pie­for­men oder neuer Ab­läu­fe im Kli­nik­all­tag sein. Neben den me­di­zi­ni­schen Auf­ga­ben wie Un­ter­su­chun­gen am Pa­ti­en­ten* oder den Auf­ga­ben im Labor ge­hö­ren auch Ver­wal­tungs- und Or­ga­ni­sa­ti­ons­auf­ga­ben zu den Pflich­ten eines Me­di­zi­ners* in der For­schung. Dazu ge­hö­rt z. B. das Schrei­ben von Kran­ken­be­rich­ten und Ver­suchs­pro­to­kol­len.

Ein­stieg in die For­schung als Mediziner*

Oftmals kann eine ex­pe­ri­men­tel­le Dok­tor­ar­beit der Ein­stieg in die For­schung sein. Jedoch nimmt diese mehr Zeit in An­spruch als klas­si­sche Dok­tor­ar­bei­ten. Es er­mög­licht dir aber, ex­pe­ri­men­tel­le Me­tho­den­kennt­nis­se zu ge­win­nen und dich in ein The­men­feld in­ten­siv ein­zu­ar­bei­ten. Darüber hinaus gibt es spe­zi­el­le Pro­gram­me, die zudem ein in­ter­dis­zi­pli­nä­res Ar­bei­ten un­ter­stützen. So stehst du z. B. in be­stimm­ten Gra­du­ier­ten­kol­legs im engen Aus­tausch mit Na­tur­wis­sen­schaft­lern*. Ebenso sind Quer­ein­stei­ger * will­kom­men. Je­doch öff­nen sich die Türen zur wis­sen­schaft­li­chen For­schung nicht von sel­ber und du solltest demnach Ei­gen­in­itia­ti­ve zei­gen. Abgesehen von den Grund­vor­aus­set­zun­gen wie Ziel­stre­big­keit, Fle­xi­bi­li­tät, und dem ei­gen­ver­ant­wort­li­chen Ar­bei­ten für einen Me­di­zi­ner* in der For­schung, ist auch eine hohe Frus­tra­ti­ons­to­le­ranz nötig, um lange Durst­stre­cken zwi­schen miss­glückten und er­folg­rei­chen Ver­su­chen über­win­den zu kön­nen.

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Nach­dem du deine Lei­den­schaft für ein be­stimm­tes For­schungs­feld er­kannt hast, ist es rat­sam, sich einer Kli­nik bzw. einem For­schungs­in­sti­tut an­zu­schlie­ßen, das auf dem Ge­biet führend ist. Zudem ist ein Auf­ent­halt im Aus­land kar­rie­re­för­dernd. Fle­xi­bi­li­tät ist nicht nur für den or­ga­ni­sa­to­ri­schen Teil des Ar­beits­all­tags wich­tig, son­dern auch für den Zeit­fak­tor. Denn oft dau­ern Ver­su­che nicht nur län­ger als er­war­tet, son­dern müssen re­pro­du­zier­ba­re Er­geb­nis­se lie­fern.

Das Ende eines Ar­beits­all­tags kann sel­ten vor­her­ge­se­hen wer­den. Über­stun­den sind meist die Regel in die­sem Be­reich und daher nicht die Aus­nah­me. Et­wai­ge Ver­dienstein­bu­ßen for­schen­der Me­di­zi­ner* im Ver­gleich zu den prak­ti­zie­ren­den Kol­le­gen wird der­zeit von ver­schie­de­nen Uni­ver­si­tä­ten stark dis­ku­tiert und eine Än­de­rung wird somit in Aus­sicht ge­stellt.

Pu­bli­zie­ren und Prä­sen­tie­ren

Wich­tig als Mediziner* in der For­schung ist es immer, up to date zu blei­ben und ak­tu­el­le Fach­zeit­schrif­ten und wis­sen­schaft­li­che Pu­bli­ka­tio­nen zu lesen, um so sein Wis­sen zu er­wei­tern. Zudem ist es es­sen­zi­ell seine ei­ge­nen Er­geb­nis­se zu pu­bli­zie­ren, denn in der For­schung gilt „pu­blish or pe­rish“ – Pu­bli­zie­ren oder Un­ter­ge­hen. Für die Kar­rie­re ist es ebenfalls sehr för­der­lich, diese Er­geb­nis­se auf na­tio­na­len und in­ter­na­tio­na­len Fach­kon­gres­sen und Sym­po­si­en vor­zu­stel­len. Nutz­e die Fach­kon­gres­se auch, um dein wis­sen­schaft­li­ches Netz­werk auf­zu­bau­en. Oft wer­den Stu­di­en na­tio­nal oder auch in­ter­na­tio­nal ge­plant.

Ein­wer­ben von Dritt­mit­teln

Ein wei­te­rer Fak­tor in der For­schung in Kli­ni­ken, Uni­ver­si­täts­kli­ni­ken oder öf­fent­li­chen For­schungs­ein­rich­tun­gen sind Dritt­mit­tel. Als Mediziner* in der For­schung soll­test du für deine For­schung immer wie­der Dritt­mit­tel ein­wer­ben. Es gibt keine Dis­zi­plin, die stär­ker ge­för­dert wird, als die Me­di­zin. Der­zeit kommt das meis­te För­der­geld von der Deut­schen For­schungs­ge­mein­schaft (DFG). Gleich ge­folgt von der Wirtschaft, ins­be­son­de­re der Phar­ma­in­dus­trie und der Me­di­zin­tech­nik.

Dritt­mit­tel sind neben den Pu­bli­ka­tio­nen ein wich­ti­ger Per­for­man­ce­in­dex Ihrer For­schungs­leis­tung. Wer als Mediziner in die For­schung möch­te, kann auch auf För­der­pro­gram­me der DFG zurück­grei­fen. Bei­spiel­haft er­wähnt seien hier die so­ge­nann­ten „Ge­rok-Stel­len“. Mit die­sem Pro­gramm kön­nen Ärzte* für bis zu drei Jah­ren für die For­schung frei­ge­stellt wer­den und in Voll­zeit an ihrem For­schungs­pro­jekt ar­bei­ten.

Al­ter­na­ti­ve – In­dus­trie

Dir ste­hen zum Ein­tritt in die In­dus­trie gleich meh­re­re Türen offen. Die Kar­rie­re­mög­lich­kei­ten für Me­di­zi­ner* in der In­dus­trie sind viel­fäl­tig. Du kannst bei Phar­ma­un­ter­neh­men, in der Me­di­zin­tech­nik, im Kli­nik­ma­nage­ment, im Ar­beits­schutz, als Be­triebs­arzt*, im Mar­ke­ting oder Ver­trieb, aber auch in der Ver­si­che­rungs­bran­che, bei In­ter­es­sen­ver­tre­tun­gen oder Con­sul­ting­fir­men ar­bei­ten. Für eine Kar­rie­re in der Phar­ma- oder Me­di­zin­tech­nik­in­dus­trie ist ein Gespür für be­triebs­wirt­schaft­li­che Zu­sam­men­hän­ge för­der­lich.

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Me­di­zi­ner* ar­bei­ten hier in­ter­dis­zi­pli­när und sind oft Ver­mitt­ler* zwi­schen Na­tur­wis­sen­schaft­lern* und In­ge­nieu­ren* aus der Grund­la­gen­for­schung und den An­wen­dern* in der Me­di­zin. Ein guter Ein­stiegs­zeit­punkt in die In­dus­trie ist nach dem Fach­arzt­ab­schluss. Aber auch Mediziner* mit aus­ge­präg­ter Be­rufs­er­fah­rung in einer me­di­zi­ni­schen Dis­zi­plin sind auf dem Ar­beits­markt heiß be­gehrt. Me­di­zi­ner* kön­nen sich z. B. in die Pla­nung kli­ni­scher Stu­di­en ein­brin­gen oder be­glei­ten Ent­wick­lun­gen von Me­di­zin­tech­nik­pro­duk­ten.

Um einen Ein­blick oder auch Ein­stieg in die gewünsch­te Bran­che zu er­hal­ten, bie­ten ei­ni­ge Un­ter­neh­men Trainee­pro­gram­me an, bei denen Sie im Ro­ta­ti­ons­prin­zip ver­schie­de­ne Ab­tei­lun­gen ken­nen­ler­nen und dabei gleich­zei­tig ein Netz­werk auf­bau­en kön­nen. Diese Trainee­stel­len öff­nen dir oft die Tür zu einer fes­ten, oft­mals un­be­fris­te­ten Über­nah­me im An­schluss an dein Pro­gramm.

Die Auf­ga­ben für Mediziner* in der na­he­ lie­gen­den Al­ter­na­ti­ve zur Arzt­pra­xis oder Kli­nik, also der Phar­ma­bran­che sind weit ge­fä­chert. Abgesehen davon sind Mediziner* bei der Ent­wick­lung von Sub­stan­zen im Labor für die Pla­nung, Vor­be­rei­tung, Durch­führung und Aus­wer­tung kli­ni­scher Stu­di­en tätig. Hinzu kom­men Be­ra­tungs­tä­tig­kei­ten der Kol­le­gen* aus an­de­ren Un­ter­neh­mens­be­rei­chen, wie dem Ver­trieb und Mar­ke­ting.

Per­spek­ti­ven für Mediziner*

Insgesamt sieht die Zu­kunft des Me­di­zi­ners* in der For­schung sehr po­si­tiv aus. Laut der DFG sol­len die Aus­bil­dungs- und För­der­mög­lich­kei­ten für junge Me­di­zi­ner*, die in die For­schung möch­ten, in den nächs­ten Jah­ren immer mehr aus­ge­baut und neu struk­tu­riert wer­den. Zudem soll eine Rück­kehr aus dem Aus­land wei­ter er­leich­tert wer­den, da be­son­ders für Mediziner in der For­schung Aus­lands­auf­ent­hal­te wich­tig und kar­rie­re­för­dernd sind. Je­doch gilt für jeden For­scher*: Wer er­folg­reich sein möch­te, muss pro­mo­vie­ren und pu­bli­zie­ren.

Mediziner* in der Forschung – Erfolgsfaktoren

  • Leidenschaft für die Forschung
  • Kenntnisse in der Grundlagenforschung
  • Vertiefte Fach- und Methodenkenntnisse im entsprechenden Spezialgebiet
  • Fähigkeit zur Selbstkritik
  • Flexibilität in den Arbeitszeiten
  • Eigenverantwortliches Arbeiten
  • Hohe Frustrationstoleranz
Dr. Eva Birkmann, MBA

Dr. Eva Birkmann, MBA

Dr. Eva Birkmann ist promovierte Naturwissenschaftlerin und Wirtschaftswissenschaftlerin. Als Geschäftsführerin von jobvector ist sie als anerkannte Autorin von Ratgeber-Artikeln zum Thema MINT-Karriere und Fachbeiträgen für Recruiting und Personalwirtschaft tätig.
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